Der neue Kinvara 13

 

Für alle, die den Kinvara schon kennen und mochten, ganz kurz: Ihr werdet den neuen Kinvara 13 lieben! Versprochen! Warum? Weil er alle seine Stärken behalten hat, aber noch leichter geworden ist.

In seiner 13. Ausgabe gehört der Kinvara zu den Klassikern unter den Lightweight-Trainern und immer noch zu Saucony‘s Topsellern. Er entstand damals als Antwort auf den Minimalismus-/ Natural-Running-Boom und bildete die Brücke zwischen den Minimal- und den klassischen Laufschuhen. Viele Läufer liebten ihn wegen seines leichten Gewichts und seiner Flexibilität verbunden mit ausreichender Dämpfung, was ihn für viele zu einem Favoriten im oberen Tempo- bis in den Wettkampfbereich machte. Seitdem ist der Kinvara im Großen und Ganzen dieser Linie treu geblieben und tut dies auch in der aktuellen Version. Aber findet der „old school“-Lightweighttrainer überhaupt noch seine Nische zwischen all den Carbon-Racern und Dämpfungsmonstern mit den neuesten Superfoams? Das soll euch der Test beantworten.

 

 

Technische Daten und Neuerungen
 

Für die Eiligen ein Kurzüberblick:
Kategorie: Neutralschuh, Lightweighttrainer
Gewicht: Herren US 9: 205 g (meine US 12: 235 g)/ Damen US 8: 176 g
Sprengung: 4 mm (28,5 mm/ 24,5 mm)
UVP: 140 €
Farbvarianten: 5 Herren- und 5 Damenmodelle
Größe/ Passform: Fällt längenmäßig normal aus (true to size); genug Platz in der Zehenbox nach oben, aber eher etwas schmaler geschnitten
 

Erster Eindruck:

Der Kinvara 13 sieht wie ein klassischer Lightweight-Trainer aus, hat keine besonderen Sohlenelemente/-konstruktionen, sondern wirkt eher puristisch. In dem mir zugesendeten kräftigen „Sonnenblumen“-Gelb gefällt er mir sehr gut und ist ein Eyecatcher, wie es Viele bei schnellen Schuhen gerne mögen. Insgesamt gibt es mit je fünf Varianten für Herren  und Frauen für die meisten (auch dezentere) Geschmäcker etwas. Beim Wiegen in meiner Größe (US 12) zeigt die Waage 235g, er ist also ein echtes Leichtgewicht und hat nochmal ein paar Gramm weniger als sein Vorgänger. Die zusätzliche Gewichtsersparnis kommt durch das neue dünnere und anpassungsfähige Obermaterial. Mit diesem Monolayer-Mesh wird der Kinvara 13 auch noch luftiger. Auch wenn der Schuh eher schmaler geschnitten ist, fühlt er sich bei meinen etwas breiteren Füßen bequem an und lässt sich mit der Schnürung gut anpassen. Er verzichtet auf jegliche stabilisierenden Elemente und ist sehr flexibel.

Auch die Konstruktion der Ferse wurde überarbeitet. Sie ist weniger hochgezogen und etwas weiter, die seitlichen Versteifungen wurden weggelassen. An den entscheidenden Stellen ist sie genug gepolstert und sitzt bequem, auch wenn der erste Eindruck etwas weniger stabil als beim Kinvara 12 wirkt. Die Ferse hat eine Schlaufe als Anziehhilfe bekommen, was den Schuh auch für Triathleten interessanter machen dürfte. Alles in allem wirkt die Material- und Verarbeitungsqualität sehr hochwertig, alle Nähte und Klebestellen sind perfekt verarbeitet.

 

 

Aufbau

Obermaterial

Die Veränderungen in der aktuellen Version des Kinvara findet man vor allem im Obermaterial. Hier verwendet Saucony jetzt ein hauchdünnes einlagiges Mesh, das noch atmungsaktiver ist. Es besitzt vor allem im Vorfußbereich viele große Poren und ist an beanspruchten Stellen etwas verstärkt. Das neue Mesh passt sich dem Fuß an wie eine Socke und ist kaum spürbar. In Kombination mit der anatomisch geformten Formfit-Innensohle sitzt der Schuh wirklich perfekt an meinem Fuß. Die Zunge ist an beiden Seiten mit dem Fußbett vernäht und kann so nicht verrutschen. Sie wirkt etwas kürzer und dünner als beim Vorgänger, ist aber noch genug gepolstert und schmiegt sich angenehm an, auch die Schnürsenkel drücken nicht durch. Die vernähte Lasche auf der Oberseite hilft beim An- und Hochziehen.

 

Zwischensohle
Obwohl der Kinvara seit jeher ein Schuh für schnellere Paces war, verwendet Saucony weder seinen PWRRUN PB-Schaum noch Carbon-Elemente. Beides findet in der hauseigenen Speed-Sektion der Endorphin-Reihe Anwendung, könnte also leicht übernommen werden. So wirkt der Kinvara 13 auf den ersten Blick vielleicht etwas überholt für einen leichten Temposchuh. Wie im Vorgänger setzt Saucony auf die PWRRUN-Sohle, ein EVA-Schaum mit TPU-Anteil, der im Vergleich zu den reinen TPU- oder PEBA-Schäumen etwas fester und weniger reaktiv ausfällt, dafür aber direkter, etwas haltbarer und günstiger ist.

Dieses Sohlenkonzept ist sicher den Ursprüngen des Kinvara geschuldet, die auf die Minimal-/ Natural-Running-Welle zurückgehen, wo der Schuh ein natürliches Laufgefühl vermitteln sollte. Dieses wird unterstützt durch den (für das Jahr 2022) relativ flachen Aufbau mit 28,5 mm Fersenhöhe und 24,5 mm Vorfußhöhe, also einer geringen Sprengung von nur 4 mm. Anhänger der neuen Superfoams werden die PWRRUN kritisieren, Kinvara-Fans und Liebhaber eines direkteren und natürlichen Laufgefühls werden genau dieses Gesamtkonzept schätzen. Geschmackssache… Durch eine veränderte Kontur soll die PWRRUN-Sohle für ein schnelleres Laufgefühl sorgen.

 

Außensohle
Kinvara-typisch besteht die minimalistische Außensohle nur aus strategisch platzierten abriebfesten Hartgummielementen (XT900) an den meistbeanspruchten Stellen vorne und hinten. So bleibt die Sohle leicht und flexibel, bietet aber trotzdem eine normale Haltbarkeit. Ruppige Trails sollte man damit aber meiden, dafür ist er nicht konstruiert.

 

 

Die Laufeigenschaften im Praxistest

Wie man vielleicht schon merken konnte, bin ich ein großer Fan der Kinvara-Linie und auch das mit Spannung erwartete Update zum 13er enttäuscht mich nicht. Im Gegenteil! Für mein Empfinden bietet Saucony mit seiner Formfit-Technologie eine herausragende Passform, so dass man das Gefühl hat, der Fuß und der Schuh werden eins. Die Leichtigkeit des Schuhs und seine flexible Mittelsohle führen dazu, dass der Schuh kaum spürbar ist. Er rollt sehr gut ab, läuft sich direkt und gewährleistet einen guten Zehenabdruck. Der Fersenhalt war nach meinem Empfinden beim Vorgänger etwas besser, ist aber in Ordnung.

Mit diesen Eigenschaften ist er ein idealer Trainingspartner im mittleren bis hohen Tempobereich. Sobald man das Tempo erhöht, spielt er seine Stärken aus. Er lässt die Füße arbeiten, läuft sich sehr dynamisch und direkt, treibt einen an und ist dabei kaum wahrnehmbar. Mir gefällt er besonders bei Intervallläufen, Fahrtspielen und Tempodauerläufen, da er sehr agil ist. Schnelle Intervalle machen wirklich irrsinnig Spaß mit ihm. Bei meinen beiden längeren Testläufen >25 km sind meine Füße in ihm doch stärker ermüdet. Hierfür ist er mir persönlich zu direkt und er ist nicht der Schuh, in den man sich auch mal „reinplumpsen“ lässt. Vielmehr fordert (und fördert) er einen aktiven Laufstil und eine gute Lauftechnik. Er schafft die perfekte Balance zwischen „wenig Schuh“ und trotzdem ausreichender Dämpfung/ Komfort für großen Laufspaß. Nach einem Testumfang von ca. 120 km konnte ich keine größeren Verschleißerscheinungen feststellen. Meine letzten Kinvara‘s hatte ich nach ca. 900 km aussortiert, aber die Haltbarkeit fällt bei jedem Läufer natürlich anders aus.

 

Für wen und welchen Einsatz ist dieser Schuh geeignet?

Er ist als Neutralschuh für Läufer ohne größere Fußfehlstellungen konzipiert und bietet eher wenig Stabilität und Führung. Somit würde ich ihn eher für Läufer mit solider Technik oder solche, die diese trainieren wollen, empfehlen. Der Kinvara ist bestens geeignet für die Straße, funktioniert aber auch gut auf befestigten Waldwegen oder auf der Bahn. Mit seiner Sohle ist er nicht für schmierige oder wurzelige Untergründe geeignet, auf nassem Asphalt bietet er aber trotz der minimalistischen Außensohle genug Grip.

Wer die ganz softe Dämpfung und ein „bouncy“ Laufgefühl sucht, sollte sich woanders umsehen. Wie gesagt, liegt die Stärke des Kinvara 13 im „weniger ist mehr“: es ist ein simpler Schuh ohne Schnickschnack. Wer dies schätzt, kann beim Kinvara ohne Bedenken zugreifen. Läufer, die höhere Sprengungen gewöhnt sind, sollten sich eventuell erst an die flacheren 4 mm gewöhnen.

Leichte und mittelschwere Läufer finden einen tollen, vielseitigen Lightweighttrainer insbesondere für die schnellen Trainingseinheiten sowie Wettkämpfe bis zum Halbmarathon. Die ganz Leichten unter euch werden eventuell auch lange Runden mit ihm drehen wollen, ich bevorzuge dann doch eher andere Modelle. Daher würde ich den Kinvara nicht als alleinigen Trainingsschuh empfehlen, sondern als Tempo-/ Wettkampf-Ergänzung. Aber auch für Läufer mit vielen Schuhen bietet er einen Mehrwert, da er den Fuß anders fordert und unglaublich Spaß macht.

 

 

Fazit und Vergleiche

„Wir sorgen für Leichtigkeit. Du für Schnelligkeit. Der Kinvara läuft der Konkurrenz in Sachen Leichtigkeit davon.“ Dieser Marketingslogan von Saucony beschreibt den Charakter des Kinvara 13 ziemlich gut und ist kein leeres Versprechen. Wer die letzten Sekunden für den Wettkampf herausschlagen will, wird eher zu High-End-Modellen greifen, muss dann allerdings auch mehr ausgeben. Aber wer braucht das im Trainingsalltag? Alle, die einen leichten und schnellen Trainingspartner suchen, mit dem man auch sehr gut in Wettkämpfen bis zum Halbmarathon antreten kann, werden mit Saucony‘s Lightweighttrainer glücklich werden. Manche bezeichnen ihn deshalb auch als Performance-Trainer. Für mich wird er auch mein Wettkampfschuh in dieser Saison sein.

Das neue Obermaterial setzt wirklich Maßstäbe. Die Atmungsaktivität konnte ich auch im Urlaub in tropischen Regionen testen und war begeistert. Ein idealer Schuh für den Sommer! Mit einer UVP von 140 € liegt er im mittleren Preissegment und bietet ein stimmiges Paket mit einer erstklassigen Verarbeitung zu einem guten Preis-/ Leistungsverhältnis. Positiv zu erwähnen ist noch, dass das Obermaterial zu 100% aus Recyclingwerkstoff hergestellt wird und einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit darstellt.

Natürlich bieten auch andere Hersteller leichte, schnelle Schuhe an, wie z.B. der Launch 9 von Brooks, der HOKA Rincon 3 oder der New Balance Fuel Cell Rebel v2. Hier fallen Vergleiche der ebenfalls sehr guten Schuhe mit dem Kinvara allerdings schwer, da sie nicht wirklich die gleiche Charakteristik besitzen, am ehesten vielleicht noch der Fuel Cell Rebel v2. Aber im aktuellen Laufschuhmarkt ist der Kinvara mit den beschriebenen Eigenschaften inzwischen eine echte Seltenheit und ich hoffe, dass es ihn noch eine Weile gibt. Einfach, leicht, schnell, super Passform, optisch gelungen, nicht zu teuer, natürliche Fußbewegung…  

Für mich bis jetzt mein Lieblingslaufschuh 2022.

Bei all der Schwärmerei sollte ich noch erwähnen, dass ich den Kinvara 13 von Shop4Runners zur Verfügung gestellt bekommen habe und deshalb frei von etwaigen Herstellerinteressen testen konnte.

 

Fotos: eigene Bilder

 

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